JAV DIENSTSTELLEN - LPVG

Mitglieder in der Jugend- und Auszubildendenvertretung müssen umfangreiche Kenntnisse ihrer gesetzlichen Aufgaben haben und ein politisches Gespür entwickeln. Das Rüstzeug hierfür können sie sich auf speziellen Seminaren – etwa denen des DGB-Bildungswerks NRW e.V. – verschaffen. Das LPVG gewährt dafür sowohl das Recht auf bezahlte Freistellung als auch in den meisten Fällen einen Anspruch auf Übernahme der Kosten.

Jugend- und Auszubildendenvertreter haben nach LPVG einen Anspruch auf bezahlte Arbeitsbefreiung für die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen, sofern diese Wissen vermitteln, das sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem Gesetz benötigen. Die entsprechende Vorschrift im Landespersonalvertretungsgesetz ist § 58, der allerdings nur auf die für die Arbeit des Personalrats maßgeblichen Regelungen in § 42 LPVG verweist.

Die Jugend- und Auszubildendenvertretung beantragt beim Personalrat, zu welchen Veranstaltungen und damit auch zu welchen Veranstaltern er ihre Mitglieder entsenden soll. Der entscheidet wiederum ohne Einflussnahme von außen hierüber, also weder von Seiten der Jugend- und Auszubildendenvertretung noch seitens des Dienstherrn. Jugend- und Auszubildendenvertretung wie auch Personalrat haben einen Beurteilungsspielraum bei der Auswahl der Veranstaltung, müssen also nicht immer die billigsten Angebote wählen. (So das BAG am 16.10.1986 - 6 ABR 14/84 zum identisch konstruierten Betriebsverfassungsrecht). Der Personalrat beschließt zwar auf Antrag der Jugend- und Auszubildendenvertretung und nimmt auf die Belange der Betroffenen Rücksicht – es hätte auch wenig Sinn, jemanden für fünf Tage zu einer Schulung zu entsenden, der dies überhaupt nicht will – ist aber nicht an ihre Wünsche gebunden. Die Schulungsteilnahme ist Teil der Amtsführung, die zu einer Verbesserung der Arbeit in der Jugend- und Auszubildendenvertretung führen soll und kein Recht, das erst nach einer gewissen Zeit der Amtsführung erworben wird oder gar wächst.

Die Schulung kann von gewerkschaftlichen wie auch von nichtgewerkschaftlichen Anbietern durchgeführt werden. Weder der Dienststellenleiter noch andere können hierfür Vorgaben machen. Allerdings genießen die gewerkschaftlichen Angebote den Vorzug, dass ihnen die Rechtsprechung von Vornherein zubilligt, die Gewähr für eine in jeder Hinsicht ordnungsgemäße Durchführung zu bieten. (BVerwG 27.4.1979 – 6 P 45.78)

Personalrat und Jugend- und Auszubildendenvertretung haben es also im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung hier einfacher, weil sie nicht nachweisen müssen, dass auf der Schulung tatsächlich in geeigneter Form und der angekündigte Stoff mit hinreichender Qualität vermittelt wird oder wurde. Zweifelt der Arbeitgeber dies in einer gerichtlichen Auseinandersetzung an, muss er zumindest plausibel machen, warum diese Frage im konkreten Fall genauer untersucht werden muss.

Die Freistellung für eine Schulungsteilnahme setzte einen Beschluss des Personalrat voraus. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung selber kann diesen nicht fassen. Sie muss aber gem. § 36 Abs. 2 LPVG bei der Beschlussfassung des Personalrats beteiligt werden.

Ohne einen solchen Beschluss ist die Teilnahme an der Veranstaltung ausgeschlossen. Die Formalien der Beschlussfassung – insbesondere die ordnungsgemäße Ladung mit Tagesordnung und die Beschlussfähigkeit im Gremium - können hier als bekannt voraus gesetzt werden. Ein Fehler bei der Beteiligung der Jugend- und Auszubildendenvertretung auf der Sitzung führt jedoch nur dann zur Unwirksamkeit des Beschlusses, wenn der Personalrat von deren Antrag abweicht, also etwa eine andere Person entsendet oder sich für eine andere Schulungsmaßnahme entscheidet. (BAG vom 06.05.1975 - 1 ABR 135/73)

Gibt es in diesem Bereich Mängel, wirken die sich mehrfach aus: Der Dienstherr muss nichts bezahlen – weder das Entgelt für die Zeit, noch die Seminarkosten bei erforderlichen Veranstaltungen – und die Abwesenheit ist streng genommen ein Verstoß gegen den Arbeitsvertrag. Allerdings ist Letzteres so lange ungefährlich, wie die Beschlussfassung nicht offenkundig unwirksam ist. Wer also am Vorabend mit der Personalratsvorsitzenden aushandelt, dass er am nächsten Tag zu einem Seminar fährt, muss wissen, dass er das nicht darf. Praktisch alle anderen können sich darauf verlassen, dass es keine groben Schnitzer in der Personalratssitzung gegeben hat.

Der Beschluss muss allerdings vor dem Seminar gefasst werden – eine Nachholung ist nach der Rechtsprechung des BAG nicht zulässig, kann also einen Fehler nicht heilen. (BAG vom 8.3.00 - 7 ABR 11/98)

Mit dem – wirksamen, also ordnungsgemäß zu Stande gekommenen – Beschluss entsteht auf Seiten des Jugend- und Auszubildendenvertretungsmitglieds eine Verpflichtung zur Teilnahme, (BVerwG 7.12.94 - 6 P 36.93) auf Seiten der Dienststelle eine solche zur Freistellung, wenn denn die Voraussetzungen im Übrigen gegeben sind. Dies ist insbesondere die Erforderlichkeit der Schulungsmaßnahme.

Bestandteil des Beschlusses muss auch eine Begründung sein, warum die jeweilige Person ausgewählt wurde. Diese Begründung benötigt die Jugend- und Auszubildendenvertretung in gleicher Weise gegenüber dem Personalrat, daher sollte sie bereits in der Beantragung der Beschlussfassung enthalten sein.

Dreh- und Angelpunkt ist die Erforderlichkeit des Seminarbesuchs und damit der Freistellung. Diese Erforderlichkeit hat drei Elemente: Das erste ist der Inhalt der Veranstaltung, das zweite der Anlass der Schulungsteilnahme und das Letzte eine persönliche Komponente.

Ob alle Elemente bei einer Veranstaltung gegeben sind, entscheidet zunächst der Personalrat. Er hat dabei einen gewissen Beurteilungsspielraum. Der ist ähnlich ausgestaltet wie der des Betriebsrats. Daher kann hier auf die Rechtsprechung des BAG zurückgegriffen werden. Danach muss der Personalrat bei der Beurteilung dieser Frage den Standpunkt eines mit den Verhältnissen vertrauten vernünftigen Dritten stellen und nicht nur nach subjektiven Wünschen über die Schulungsteilnahme entscheiden. (BAG vom 16.10.1986 - 6 ABR 14/84)

Ob die Jugend- und Auszubildendenvertretung diese Voraussetzung bei ihrer Beantragung der Schulung auch erfüllt hat, ist rechtlich unerheblich. Dennoch sollte sie sich darüber Gedanken machen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Aspekte der Erforderlichkeit vom Personalrat nicht gesehen werden können und dieser daher keinen entsprechenden Beschluss fast. Schließlich muss die Erforderlichkeit für die konkrete Arbeit der Jugend- und Auszubildendenvertretung gegeben sein, nicht für die des Personalrats.

Wer ein vernünftiger Dritter ist? Im Zweifel der Richter oder die Richterin, die später einmal bei einem Streit mit der Sache befasst sind. Deren Anforderungen wird die Jugend- und Auszubildendenvertretung am ehesten gerecht, wenn sie zu allen drei Aspekten der Erforderlichkeit plausibel darstellen kann, warum sie im konkreten Fall davon ausgehen konnte, dass sie vorliegen. Eine Orientierung an Rechtsprechung zu diesem Thema ist praktisch ausgeschlossen, weil sie bislang nur in sehr geringem Umfang vorliegt. Wo es sie gibt, ist sie allerdings auch kaum zu verallgemeinern, was vor allem darauf zurück zu führen sind, dass sich die Erforderlichkeit von Fall zu Fall anders darstellt. Was für die Jugend- und Auszubildendenvertretung im Arbeitsamt in Dortmund erforderlich ist, muss es für die in der Stadtverwaltung in Münster noch lange nicht sein.

Auf keinen Fall allerdings ist der Dienstherr die "vernünftige" Instanz zur Beurteilung der Erforderlichkeit. Auch er ist interessengebunden. Seine Ablehnung der Schulungsteilnahme ist daher allenfalls Ausgangspunkt für Diskussionen oder Gerichtsverfahren, aber nicht "kraft Amtes" das letzte Wort.

Quintessenz: Es gibt keine objektiv feststehenden Kriterien für die Erforderlichkeit, wichtig ist die an den folgenden Elementen orientierte Argumentation der Jugend- und Auszubildendenvertretung.

Der Inhalt der Schulungsmaßnahme muss in erkennbarer Weise mit der Tätigkeit der Jugend- und Auszubildendenvertretung nach dem BPersVG in Verbindung stehen und hierfür mehr als nur irgendwie nützlich oder hilfreich sein. Eine solche Erforderlichkeit kann grundsätzlich immer angenommen werden, wenn Inhalte der für die Jugend- und Auszubildendenvertretung maßgeblichen Rechtvorschriften im BPersVG behandelt werden. Allerdings müssen diese sich auch auf die besonderen Aufgaben der Jugend- und Auszubildendenvertretung und nicht auf die des Personalrats beziehen. (BAG vom 10.06.1975 - 1 ABR 139/73)

Hierbei handelt es sich um sogenanntes Grundlagenwissen, dessen Kenntnis für alle Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung erforderlich ist. Ebenfalls zum Grundlagenwissen zählen Kenntnisse über das Berufsausbildungsrecht, hier macht die Rechtssprechung aber eine Einschränkung auf der Ebene der persönlichen Erforderlichkeit.

Daneben gibt es Schulungen zu spezielleren Themen wie etwa das Jugendarbeitsschutzrecht, bei denen die Erforderlichkeit nicht ohne Weiteres vorausgesetzt werden kann, wenn im Betrieb keine Jugendlichen beschäftigt werden. Das BVerwG zählt hierzu auch Veranstaltungen, die der Vertiefung oder Erweiterung von bereits erworbenem Grundlagenwissen dienen, also etwa Seminare zur aktuellen Rechtsprechung im Bereich des für den von der Jugend- und Auszubildendenvertretung Teil des Personalvertretungsrechts. (BVerwG vom 11.7.2006 - 6 PB 8.06)

Dies ist der Sinn der Unterscheidung zwischen Grundlagen- und Spezialschulungen: Erstere tragen die Erforderlichkeit sozusagen in sich, der Personalrat muss sie im Streitfall nicht gesondert belegen. Das Teilnahmerecht wird hier allenfalls auf der Ebene der persönlichen Erforderlichkeit eingeschränkt. Bei Spezialschulungen dagegen muss sich die Jugend- und Auszubildendenvertretung sowohl hinsichtlich des Anlasses als auch der persönlichen Erforderlichkeit weiter gehende Gedanken machen.

Ausgesondert werden allerdings von Vornherein Schulungen, deren Inhalte unter keinem Gesichtspunkt erforderlich sein können. Dies betrifft insbesondere reine Personalratsschulungen, also solche, die sich etwa mit dem Mitbestimmungsrechten nach §§ 72 und 73 LPVG befassen. Diese Rechte hat die Jugend- und Auszubildendenvertretung nicht, daher ist auch eine entsprechende Schulungsveranstaltung nicht erforderlich.

Ähnlich verhält es sich mit Zusammenkünften von Mitgliedern von Jugend- und Auszubildendenvertretungen aus unterschiedlichen Dienststellen ohne klare inhaltliche Ausrichtung, die allgemein dem Erfahrungs- und Meinungsaustausch dienen sollen. Auch die sind vielleicht nützlich, unter Umständen werden dort letztlich sogar Themen behandelt, die als erforderlich gelten können – dennoch sind sie es nicht, weil sich dies zum Zeitpunkt der Beschlussfassung im Personalrat noch gar nicht absehen ließ. (Hierzu BVerwG vom 27.4.1979 – 6 P 89.78)

Einer Veranstaltung selber ist nicht anzusehen, ob sie in die Kategorie "erforderlich" fällt oder nicht. So kann etwa die Teilnahme an einem Sprachkurs erforderlich sein, wenn auf andere Weise die Kommunikation innerhalb der Jugend- und Auszubildendenvertretung oder mit einem erheblichen Teil der von ihr vertretenen Beschäftigten nicht mehr sicher zu stellen ist. Hier spielt also der Anlass, die Situation im Betrieb die Ausschlag gebende Rolle.

Zumindest bei den Spezialschulungen verlangt die Rechtsprechung eine Veranlassung durch die Situation in der Dienststelle. (BVerwG vom 27.4.1979 – 6 P 17.78) Die Verwertung der gewonnenen Kenntnisse muss also zeitnah möglich sein. Das werden in der Regel Veranstaltungen sein, die sich mit Themen wie etwa Fragen der Berufsausbildung oder dem befassen. Hier sind der Jugend- und Auszubildendenvertretung von Gesetzes wegen Aufgaben zugewiesen, deren Erfüllung im Einzelfalls spezielles Wissen erfordern wird. Es kann sich aber auch mal um einen Computerkurs für ein Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung handeln. (BAG vom 19.07.1995 - 7 ABR 49/94)

Der aktuelle Anlass für die Schulungsteilnahme kann auch von der Jugend- und Auszubildendenvertretung selber ausgehen. Sie soll im Rahmen ihrer allgemeinen Aufgaben gem. § 61 LPVG etwa Maßnahmen beim Personalrat beantragen, die den Jugendlichen und Auszubildenden dienen. Wenn die Jugend- und Auszubildendenvertretung beschließt, sich hier zu engagieren, entsteht unter Umständen ein Erfordernis, sich auf einer Schulungsveranstaltung mit den in diesem Zusammenhang bestehenden Möglichkeiten und sinnvollen Maßnahmen zu befassen. Der aktuelle Anlass für die Schulung ist dann die Initiative der Jugend- und Auszubildendenvertretung, auch wenn der Dienstherr selber überhaupt keine Maßnahmen ergreifen will.

Keine Hürde ist der konkrete Anlass in der Regel für die oben beschriebenen Grundlagenschulungen. Hier geht die Rechtsprechung davon aus, dass diese für jedes Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung erforderlich sind. Jedes Mitglied führt seine Aufgaben in eigener Verantwortung aus und muss dafür auf das erforderliche Wissen haben. (so z.B.: BAG vom 15.05.1986 - 6 ABR 74/83) Schulungen über die Grundlagen der eigenen Tätigkeit sind daher für alle Mitglieder erforderlich - wenn das Wissen nicht bei Ihnen persönlich bereits vorhanden ist. Allerdings ist das erforderliche Grundlagenwissen bei Mitgliedern der Jugend- und Auszubildendenvertretung nicht so weit gesteckt, weil ihr nach Gesetz auch weniger Aufgaben zugewiesen sind. Daher muss sich nicht jedes Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung im Kündigungsschutzrecht auskennen – wohl aber in den speziellen Regelungen für Auszubildende. Ähnlich sieht es im Bereich des Arbeitszeitrechts aus: Die Kenntnis der besonderen Regeln für Jugendliche ist für die Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung erforderlich (wenn es im Betrieb Jugendliche gibt). Gleiches gilt nicht für die allgemeinen Regeln etwa im ArbZG.

Bei den Grundlagenschulungen ist der konkrete betriebliche Anlass die Mitgliedschaft in der Jugend- und Auszubildendenvertretung. Das ist auch so, wenn die Amtszeit nicht mehr allzu lange dauert und für die Dienststelle nicht plausibel ist, wann die zu erwerbenden Kenntnisse noch eingesetzt werden können. Für die Schulung von Betriebsräten gab es in der Vergangenheit eine Rechtsprechung des BAG, die in diesen Fällen eine besondere Darlegung der Erforderlichkeit verlangte. Die hat der zuständige Senat aber inzwischen ausdrücklich aufgegeben (BAG vom 7.5.2008 - 7 ABR 90/07), weshalb sie auch im Bereich der Jugend- und Auszubildendenvertretung keine Rolle mehr spielen wird.

Problematisch ist die Teilnahme an Veranstaltungen, die die innere Organisation der Jugend- und Auszubildendenvertretung betreffen. An vorderster Stelle steht hier das Thema "Rhetorik". Hierzu hat sich das BVerwG bereits sehr früh deutlich positioniert und diese Schulung nicht für erforderlich gehalten. (BVerwG vom 27.4.1979 – 6 P 36.78) Damit befand es sich im Einklang mit der früheren Rechtsprechung des BAG zum BetrVG, das sich zunächst ähnlich abweisend geäußert hat, (BAG vom 20.10.1993 - 7 ABR 14/93) inzwischen aber deutlich zurückhaltender in dieser Aussage ist und die Erforderlichkeit eines Seminars "Managementtechniken für Betriebs- und Personalräte" jedenfalls nicht mehr grundsätzlich für ausgeschlossen hält. (BAG vom 14.09.1994 - 7 ABR 27/94) Ob sich das BVerwG dem anschließen wird, bleibt abzuwarten. Schließlich haben sich auch die ersten Instanzgerichte hier bewegt und eine Teilnahme an einer Veranstaltung zum Thema "betriebliche Öffentlichkeitsarbeit" für möglich gehalten. (VG Köln 23.6.1997 - 34 K 10183/96.PVL) Als Bildungsveranstaltung im Sinne des § 46 Abs. 7 BPersVG hat auch das BVerwG eine solche Veranstaltung bereits einmal anerkannt. (BVerwG vom 04.02.1988 - 6 P 23.85)

Allerdings ist bei einem Besuch einer solchen Veranstaltung durch ein Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung zu berücksichtigen, dass dieses im Unterschied zu den Mitgliedern im Personalrat kaum die dort zu vermittelnden Fähigkeiten sozusagen in das Amt mitbringen. Kaum in Jugendlicher oder Heranwachsender wird entsprechende Erfahrungen in der Arbeit in Gremien aufweisen können. Daher wird es hier zumindest einfacher sein, einem Gericht die Erforderlichkeit einer solchen Schulungsteilnahme plausibel zu machen.

Nur wenn das zu entsendende Mitglied die Schulung benötigt, ist die Erforderlichkeit gegeben. (BAG vom 09.10.1973 - 1 ABR 6/73) Das gilt auch für Veranstaltungen, die sich mit arbeitsrechtlichen Grundlagen wie dem Berufsausbildungsrecht befassen, (BVerwG vom 22.07.1982 - 6 P 42.79) Das besuchende Mitglied darf also bislang nicht über die Kenntnisse verfügen, die auf der Veranstaltung vermittelt werden und muss mit entsprechenden Themen auch im Rahmen seiner Arbeit im Gremium befasst sein. (BVerwG vom 27.04.1979 - 6 P 30.78, ZBR 1979, 378, PersV 81.29) Eine weitere Einschränkung besteht dahin gehend, dass das entsprechende Wissen auch bei keinem anderen Mitglied im Gremium vorhanden sein darf. (BVerwG vom 22.07.1982 - 6 P 42.79)

Häufig wird es so sein, dass von mehreren Themen auf einer Veranstaltung die einen als erforderlich anzusehen sind, andere dagegen nicht. Hier kann die gesamte Veranstaltung dann als erforderlich angesehen werden, wenn dies für den zeitlich überwiegenden Teil zutrifft. (BAG vom 28.05.1976 - 1 AZR 116/74BAG vom 28.05.1976 - 1 AZR 116/74) Ob das so ist, muss der Personalrat wiederum bei seiner Beschlussfassung – aus der Sicht des schon zitierten vernünftigen Dritten – beurteilen. Im Zweifel darf er es nicht einfach vermuten, sondern muss sich beim Veranstalter informieren.

Um die Frage nach der Erforderlichkeit zu beantworten, kann sich die Jugend- und Auszubildendenvertretung sich an einer einfachen Checkliste orientieren:

  1. Welches Fachwissen (Grundlagen- und Spezialwissen) braucht die Jugend- und Auszubildendenvertretung als Gremium, um ihre Aufgaben wahrzunehmen?
  2. Welches Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung braucht welches Spezialwissen für seine besonderen Aufgaben (insbesondere Ausschussmitglieder)?
  3. Welche Aufgaben stehen aktuell an, für die ein besonderer Schulungsbedarf existiert?

Auch Ersatzmitglieder können gem. § 42 Abs. 5 LPVG an solchen Schulungsveranstaltungen teilnehmen, wenn sie regelmäßig zu Sitzungen hinzugezogen werden. "Regelmäßig" meint hier "häufig" und ist auf die Zukunft bezogen. Regelmäßig ist auch auf der Sitzung, wer nur einmal im Jahr kommen muss. Daraus entsteht jedoch noch kein Schulungsanspruch. Anders verhält es sich mit Ersatzmitgliedern, die in der Vergangenheit nur sporadisch zur Sitzung kommen mussten, bei denen sich diese Frequenz aber erkennbar erhöht, weil die vor ihnen platzierten Ersatzmitglieder, die bislang häufig auf Sitzungen waren, in die Jugend- und Auszubildendenvertretung nachgerückt sind. Die müssen selbstverständlich an Schulungen teilnehmen können, damit sie die vor ihnen liegende Arbeit bewältigen können.

Dem LPVG ist keinerlei Hinweis darauf zu entnehmen, welchen Umfang die Freistellung für eine Schulungsmaßnahme haben kann. Als Maßstab kann daher nur eine sehr allgemeine Formel heran gezogen werden: Die Freistellung kann so lange dauern, wie erforderlich ist, um den Lernstoff zu bewältigen. Das mag sich Nichts sagend anhören, enthält aber eine wichtige Informationen: Es gibt keine objektive Begrenzung der Freistellungsdauer.

Alle Bemühungen, eine allgemein gültige Grenze für die Dauer der Freistellung zu definieren, sind zum Scheitern verurteilt. Ob das Thema "allgemeine Aufgaben der Jugend- und Auszubildendenvertretung" in drei, fünf oder zehn Tagen abzuhandeln ist, hängt von so vielen verschiedenen Faktoren – unter anderem auch dem Vorwissen der Teilnehmer – ab, dass die Rechtsprechung sich nur allgemein damit zu helfen weiß, einen ebenso undurchschaubaren "Verhältnismäßigkeitsgrundsatz" einzuführen. Damit können dann auch sachfremde Erwägungen – wie etwa die Notwendigkeit einer sparsamen Haushaltsführung – mit berücksichtigt werden. (BVerwG vom 14.11.1990 - 6 P 4.89)

Da Gerichte wie auch Dienststellenleitungen in der Frage der Schulungsdauer vor dem selben Problem stehen wie die Jugend- und Auszubildendenvertretung und letztlich auch auf diese in der Rechtsprechung entwickelten Denkmuster zurückgreifen, sind Personalrat und Jugend- und Auszubildendenvertretung gut beraten, bei längeren Veranstaltungen immer die "spezifische Begründung" abzuliefern. Die kann z.B. darin bestehen, dass andere Veranstaltungen auf dem Markt überhaupt nicht angeboten werden oder auch in einer besonderen Schwierigkeit der Materie und der Anforderung an das teilnehmende Mitglied, im Anschluss an die Schulung die übrigen Mitglieder auf einen gemeinsamen Wissenstand zu bringen. Der Grund sollte bereits im Schreiben zur Beantragung der Freistellung enthalten sein.

Der Anspruch auf Freistellung ist auf die Dauer der persönlichen Arbeitszeit begrenzt. Wenn etwa Reisezeiten anfallen, die außerhalb der persönlichen Arbeitszeit liegen oder sogar bei Teilzeitbeschäftigten ein Teil der Veranstaltung in die eigene Freizeit fällt, besteht dafür kein Anspruch auf entsprechenden Freizeitausgleich. (BVerwG vom 23.10.1980 - 2 C 43.78)

Diese Rechtsprechung ist für den Bereich der Betriebsverfassung durch den EuGH bestätigt worden. (EuGH vom 06.02.1995 - Rechtssache C 457/93) Das BAG hat diese Diskriminierung damit gerechtfertigt, dass dadurch die Unabhängigkeit der Betriebsräte gesichert wird (BAG vom 05.03.1997 - 7 AZR 581/92) und so das vom EuGH geforderte sozialpolitische Ziel der Ungleichbehandlung formuliert. Dass dies nur ein Ziel des Gerichts, nicht aber des Gesetzgebers war, hat der durch die Novelle des BetrVG im Jahr 2001 klar gestellt. Seit dem haben Teilzeitbeschäftigte Betriebsratsmitglieder sogar ausdrücklich einen Ausgleichsanspruch zugesprochen bekommen.

Damit hat sich allerdings die Situation für die Jugend- und Auszubildendenvertretungen eher verschlechtert: Da die Rechtsvorschriften zur Schulungsteilnahme sich jetzt gerade in dieser Frage von einander unterscheiden, kann kein Gericht mehr § 42 Abs. 5 LPVG in dieser Frage anders auslegt als das BVerwG. Um diese Situation zu bereinigen, ist eine Gesetzesänderung erforderlich. Bis dahin gilt: Kein Freizeitausgleich für Freizeitopfer während der Schulung.

Ebenfalls eine Frage der Verhältnismäßigkeit ist die Berücksichtigung der dienstlichen Belange, also die Beurteilung, ob das teilnehmende Mitglied in dieser Zeit entbehrlich ist. Zwar findet sich dieser Hinweis nicht ausdrücklich im Gesetz, aber schon aus Gründen der Kollegialität empfiehlt es sich, hierauf zu achten. Im Übrigen wird der Dienststellenleiter die Freistellung verweigern, wenn er hier Probleme sieht – auch wenn er es nicht ausdrücklich sagt.

Allerdings stehen dienstliche Belange nicht schon dann entgegen, wenn in der fraglichen Zeit auch generell "normale" Arbeit anfällt – grundsätzlich ist schließlich davon auszugehen, dass das immer der Fall ist. Schließlich ist es Sache der entsprechenden Körperschaft, die Personalausstattung so zu bemessen, dass auch gesetzliche Verpflichtungen wie die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen für die Arbeit in der Jugend- und Auszubildendenvertretung erfüllt werden können. Schließlich muss es auch immer möglich sein, einen Mitarbeiter zu ersetzen, der sein Fehlen langfristig angekündigt hat. Andernfalls würde jede krankheitsbedingte Abwesenheit die Dienststelle lahm legen. Dienstliche Belange können daher nur dann einer Schulung entgegen stehen, wenn es in dieser Zeit immer zu einer erheblich höheren Arbeitsbelastung kommt als im Regelfall.

Weicht der Personalrat in einem Beschluss über die Entsendung zur Schulung von dem Antrag der Jugend- und Auszubildendenvertretung ab, kann sie gem. § 35 Abs. 1 LPVG diesen Beschluss aussetzen lassen. Voraussetzung ist aber, dass überhaupt über den Antrag ein Beschluss gefasst wurde. Wenn danach keine Verständigung möglich ist und der Personalrat seinen ersten Beschluss bestätigt, ist dies endgültig.

Das an der Schulung teilnehmende Mitglied ist nicht bereits durch den Beschluss des Personalrats von seiner Arbeit in dieser Zeit frei gestellt, sondern erst mit der entsprechenden Freistellungserklärung des Dienststellenleiters. Die muss daher ausdrücklich beantragt werden. Bestandteil dieses Antrags sind die grundlegenden Daten (Wer, wann, welche Veranstaltung, Kosten) und eine Begründung der personellen Auswahl sowie ggf. der Dauer der Maßnahme. Letztlich enthält der Antrag also den Inhalt des Beschluss des Personalrats, ergänzt um eine Begründung und die Ausschreibung des Veranstalters.

Damit möglichst schnell Klarheit herrscht, sollte der Personalrat in dem Schreiben auch mitteilen, bis wann er eine Antwort auf seinen Antrag erwartet. Schweigt der Dienststellenleiter, ist dies als Ablehnung zu verstehen. Der Personalrat kann also nicht von sich aus in dem Antragsschreiben bestimmen, dass er ein Schweigen als Zustimmung ansieht. Fährt das Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung ohne eine solche ausdrückliche Freistellungserklärung, wäre dies ein ungenehmigtes Arbeitsversäumnis mit entsprechenden rechtlichen Risiken. Zumindest aber lassen sich dann weder Kostenerstattung noch die Entgeltfortzahlung durchsetzen.

Verweigert der Dienststellenleiter die Zustimmung endgültig oder äußert er sich überhaupt nicht, muss der Freistellungsanspruch gerichtlich durchgesetzt werden. Das Verfahren führt der Personalrat und nicht die Jugend- und Auszubildendenvertretung oder das einzelne Mitglied. Da es sich in der Regel um eine eilbedürftige Angelegenheit handelt, empfiehlt es sich, eine einstweilige Verfügung zu beantragen. Andernfalls ist kaum mit einer Entscheidung vor Durchführung der Veranstaltung zu rechnen.

Die Jugend- und Auszubildendenvertretung stellt folgenden Antrag:

Der Personalrat möge beschließen, das Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung --Name des Teilnehmers-- vom xx.xx.xxxx bis zum xx.xx.xxxx zu der Schulungsveranstaltung --Titel der Veranstaltung-- in --Ort der Veranstaltung-- gem. § 58 LPVG zu entsenden. Die Seminarkosten betragen xxx,xx Euro hinzu kommen Reisekosten.

Herr/Frau --Name des/der Teilnehmers/in-- ist von uns für diese Veranstaltung ausgewählt worden, weil --folgt: Begründung der Auswahlentscheidung

Der Personalrat beschließt, das Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung Herr/Frau --Name des/der Teilnehmers/in-- vom xx.xx.xxxx bis zum xx.xx.xxxx zu der Schulungsveranstaltung --Titel der Veranstaltung-- in --Ort der Veranstaltung-- gem. § 58 LPVG zu entsenden.

(Hinweis: Eine Begründung sollte nicht Teil des Beschlusses sein, damit hier keine vorzeitige Festlegung erfolgt. Sie wird dem Arbeitgeber unabhängig von dem Beschluss mitgeteilt.)

Abstimmungsergebnis:

dafür     dagegen     Enthaltungen

An die Leitung der Dienststelle

--Name der Dienststelle--

Sehr geehrte Damen und Herren

Der Personalrat hat auf der Sitzung am xx.xx.xxx beschlossen, das Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung Herr/Frau --Name des/der Teilnehmers/in-- vom xx.xx.xxxx bis zum xx.xx.xxxx zu der Schulungsveranstaltung --Titel der Veranstaltung-- in --Ort der Veranstaltung-- gem. § 58 LPVG zu entsenden. Die Seminarkosten betragen xxx,xx Euro hinzu kommen Reisekosten.

Herr/Frau --Name des/der Teilnehmers/in-- ist von uns für diese Veranstaltung ausgewählt worden, weil --folgt: Begründung der Auswahlentscheidung--.

(Wenn die Dauer mehr als eine Woche beträgt:
Die Veranstaltungsdauer von mehr als einer Woche rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass --folgt: auf die Dienststelle bzw. die Veranstaltung bezogene spezifische Begründung der Dauer der Veranstaltung--)

Wir bitten um Freistellung des Mitglieds und Übernahme der entstehenden Kosten. Sollte uns diese nicht bis zum xx.xx.xxxx vorliegen, gehen wir von der Verweigerung der Freistellung aus und kündigen im Falle der Nichteinigung schon jetzt gerichtliche Schritte an.

Unterschrift

Vorsitzende/r des Personalrats

ANSPRECHPARTNERIN

Christine Rosenthal
Juristin (Rechtsassessorin)
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