GEDENKEN UND ERINNERN AUF ESTNISCH – NAZITERROR UND SOWJETHERRSCHAFT IN TALLINN UND ESTLAND
Die estnische Hauptstadt Tallinn vereint auf eindrucksvolle Weise historische Pracht und moderne Dynamik. Die heute noch zu bewundernde hanseatische Architektur mit zahlreichen Speicherhäusern dokumentiert die besondere Stellung der Stadt in der Blütezeit des Ostseehandels, während gegenwärtig innovative New Economy und moderne Architektur das pulsierende Herz einer zukunftsorientierten Metropole prägen.
Verschiedene architektonische Zeugnisse erinnern aber auch an die Zeiten des Terrors, die Estland zwischen 1939 und 1945 und in den Folgejahren erlebte. Wir werden uns mit den Gräueltaten der Nazis auseinandersetzen, die während der deutschen Okkupation der Stadt von 1941 bis 1944 begangen wurden und auch auf die Zeit der sowjetischen Besatzung schauen, die mit der estnischen Erinnerungskultur untrennbar verbunden ist.
Im Anschluss an die Unterzeichnung des Molotow-Ribbentrop-Paktes wurde Estland zunächst von der Sowjetunion besetzt. Nicht nur die Elite der estnischen Bevölkerung wurde durch die sowjetische Geheimpolizei nach Sibirien deportiert. Auch Teile der jüdischen Bevölkerung erlitten dieses Schicksal. 1941 marschierte dann die deutsche Wehrmacht im Baltikum ein. Die meisten Mitglieder der zahlenmäßig relativ kleinen jüdischen Gemeinde waren zu diesem Zeitpunkt, so sie denn nicht bereits deportiert waren, nach Finnland geflüchtet. Die im Land gebliebenen Juden wurden umgehend von SS, Wehrmacht und Kollaborateuren in Konzentrationslager verbracht oder systematisch ermordet, so dass im Januar 1942 bei der Wannseekonferenz Estland als „judenfrei“ bezeichnet wurde. Dennoch ging die systematische Ermordung Menschen jüdischen Glaubens in Estland weiter. Vor allem jüdische Menschen aus Mittel- und Osteuropa – aber auch deutsch Juden – wurden zur Zwangsarbeit in estnische Konzentrationslager deportiert und dort später ermordet. Nur etwa ein Dutzend estnischer Juden überlebte die deutsche Besatzung versteckt.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Estland erneut völkerrechtswidrig in die Sowjetherrschaft eingegliedert und viele Tausend Esten nach Sibirien verschleppt.
Im Seminar setzen wir uns mit den menschenfeindlichen Besetzungen Estlands, den Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen verfolgt, deportiert und ermordet wurden, auseinander und reflektieren die Gräuel die durch den NS-Staat, aber auch während der sowjetischen Okkupation begangen wurden. Dabei besuchen wir zentrale Gedenkorte, begeben uns auf die Suche nach den Spuren früheren jüdischen Lebens und jüdischer Kultur und blicken auf das momentane jüdische Leben in Estland. Wir betrachten heutige Formen des estnischen Gedenkens und der estnisch-deutschen Aussöhnung und nähern uns in empathischer Weise dem Selbstverständnis einer Bevölkerung an, die auch gegenwärtig wieder Befürchtungen vor Fremdbestimmung durch andere Mächte hegt.
Themen
- Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus
- Naziregime und sowjetische Besatzungszeit in der estnischen Erinnerungskultur
- Spurensuche aktuellen und vergangenen jüdischen Lebens
- Reflexion der Formen, Möglichkeiten der Geschichtsvermittlung, des Gedenkens, der Aussöhnung und des „Lernens aus der Geschichte“
Unser Foto zeigt ein Hinweisschild auf die Gedenkstätte Kooga, Estland und ist Wikimedia entnommen.
Individuelle Anreise. Anreiseempfehlung: Direktflug Frankfurt – Tallinn (LH 882), So. 14:20 Uhr; Rückflug (LH 883) Fr. 18:30 Uhr
Dieses Seminar ist Teil unseres Angebotes nach dem AWbG NRW ("Bildungsurlaub").
Sie finden Ihre gemerkten Seiten unter dem Menüpunkt "Service » Merkzettel".