WERKSTATTRAT

Die Wahl zum Werkstattrat ist ein Vorgang, der nach strengen formalen Kriterien durchzuführen ist. Werden diese Vorgaben - die zum großen Teil erst in der Rechtsprechung zum Betriebsverfassungsrecht bzw. den verschiedenen Personalvertretungsrechten, die ähnliche Vorschriften enthalten, entwickelt worden sind - nicht eingehalten, droht die Anfechtung oder sogar die Nichtigkeit der Wahl. Deshalb haben die Mitglieder des Wahlvorstands das Recht, an entsprechenden Schulungsveranstaltungen teilzunehmen, die der Arbeitgeber bezahlen muss.

Der Wahlvorstand entscheidet ohne Einflussnahme von außen darüber, zu welchen Veranstaltungen und damit auch zu welchen Veranstaltern er seine Mitglieder entsendet. Auch der Betriebsrat kann ihm hierbei keine Vorschriften machen. Der Wahlvorstand hat in beiden Fragen einen Beurteilungsspielraum, muss also nicht immer die billigsten Angebote wählen, sondern kann sich für die entscheiden, die ihm am geeignetsten erscheinen (zum BetrVG: BAG, Beschluss vom 16.10.1986 - 6 ABR 14/84).

Als Veranstalter in Frage kommen sowohl gewerkschaftliche wie auch nicht gewerkschaftliche Anbieter. Allerdings genießen die gewerkschaftlichen Angebote den Vorzug, dass ihnen die Rechtsprechung von Vornherein zubilligt, die Gewähr für eine in jeder Hinsicht ordnungsgemäße Durchführung zu bieten (so für das Personalvertretungsrecht: BVerwG, Beschluss vom 27.04.1979 - 6 P 45.78).

Der Wahlvorstand muss über die Freistellung einen Beschluss fassen. Ohne diesen ist die Teilnahme an der Veranstaltung ausgeschlossen. Die Formalien der Beschlussfassung - insbesondere die ordnungsgemäße Ladung mit Tagesordnung und die Beschlussfähigkeit im Gremium - können hier als bekannt vorausgesetzt werden. Die Tagesordnung muss auch präzise den Tagesordnungspunkt "Entsendung zu Schulungsmaßnahmen" und möglichst auch eine Benennung der in Aussicht genommenen Veranstaltung enthalten. Die Behandlung dieses Themas unter dem Punkt "Verschiedenes" wird von der Rechtsprechung zumindest beim Betriebsrat nicht akzeptiert (BAG, Beschluss vom 28.10.1992 - 7 ABR 14/92). Die Stellung von Werkstattrat und Wahlvorstand ist hier keine andere, daher sollte auch er sich hieran halten.

Ist der Beschluss nicht ordnungsgemäß, etwa weil die Einladung nicht allen Mitgliedern des Wahlvorstandes vorher zugegangen ist, die Tagesordnung nicht beigefügt oder gar die Sitzung nicht beschlussfähig war, wirkt sich das gleich mehrfach aus: Der Arbeitgeber muss nichts bezahlen - weder das Entgelt für die Zeit, noch die Seminarkosten bei erforderlichen Veranstaltungen - und die Abwesenheit ist streng genommen ein Verstoß gegen den Arbeitsvertrag. Allerdings ist Letzteres so lange ungefährlich, wie die Beschlussfassung nicht offenkundig unwirksam ist. Wer allerdings am Vorabend mit der Vorsitzenden des Werkstattrats aushandelt, dass er am nächsten Tag zu einem Seminar fährt, muss wissen, dass er das nicht darf. Praktisch alle anderen können sich darauf verlassen, dass es keine groben Schnitzer in der Sitzung des Wahlvorstands gegeben hat.

Der Beschluss muss immer vor dem Seminarbesuch gefasst werden - eine Nachholung ist nach der Rechtsprechung des BAG nicht zulässig, kann also einen Fehler nicht heilen (zum BetrVG: BAG, Beschluss vom 08.03.2000 - 7 ABR 11/98).

Die Teilnahme an der Schulung muss erforderlich sein - so steht es in § 37 Abs. 4 Werkstattmitwirkungsverordnung, auf den die für den Wahlvorstand maßgebliche Vorschrift in § 14 Werkstattmitwirkungsverordnung verweist. Erforderlichkeit heißt zweierlei: Inhaltlich muss der vermittelte Stoff in der Arbeit als Mitglied des Wahlvorstands benötigt werden und persönlich darf das Wissen nicht sowieso schon vorhanden sein. Allerdings bezieht sich Letzteres nur auf das jeweilige zu schulende Mitglied: Wenn es das Wissen nicht hat, das für die Durchführung der Wahl benötigt wird, hat es das Recht, an einer entsprechenden Veranstaltung teilzunehmen. Es kann nicht auf das Wissen anderer verwiesen werden, die die Schulung schon hinter sich haben.

Wer schon einmal im Wahlvorstand tätig war, ist von solchen Schulungen nicht ausgenommen. Niemand ist in der Lage, dieses Wissen über mehrere Jahre so abzuspeichern, dass es vollständig wieder abrufbar für eine fehlerfrei durchzuführende Wahl zur Verfügung steht. Eine Auffrischung ist also auch hier für diese Kollegen erforderlich. Eine Einschränkung der Erforderlichkeit, weil das Wissen bei dem entsprechenden Mitglied schon vorhanden ist, kann daher nur angenommen werden, wenn es kurz vor diesem Wahlgang bereits einmal in dieser Funktion tätig war - etwa in einer anderen Werkstatt, aus der er gewechselt ist oder weil die Wahlen kurze Zeit nach dem ersten Wahlgang wiederholt werden müssen.

Der zu vermittelnde Stoff ist auf das Thema "Durchführung der Wahlen zum Werkstattrat" beschränkt. Das umfasst sowohl die Behandlung aller maßgeblichen Vorschriften aus der Werkstattmitwirkungsverordnung als auch die praktischen Fragen der Wahlorganisation. Nicht erforderlich dagegen wären Veranstaltungen, die sich allgemein mit dem Thema "Demokratie und Wahlen" oder Ähnlichem befassen.

Der Zeitaufwand für die Schulung und damit die Dauer, für die das Wahlvorstandsmitglied freigestellt ist bzw. der Umfang des hierdurch entstehenden Anspruchs auf Zeitausgleich richten sich nach dem Umfang der Thematik. Da der Stoff begrenzt ist, dürfte in der Regel eine eintägige Veranstaltung ausreichend sein, um sich in die maßgeblichen Grundsätze und Einzelheiten des Wahlverfahrens einzuarbeiten. Allenfalls für völlig unerfahrene Mitglieder, denen auch die Arbeit im Gremium neu ist, kann auch einmal eine zweitägige Veranstaltung erforderlich sein.

Die Freistellung nimmt der Wahlvorstand selber in Form des Beschlusses vor. Es ist also weder eine ausdrückliche Freistellungsgenehmigung durch den Werkstattrat noch durch die Werkstattleitung Voraussetzung für die Schulungsteilnahme. Die kann sich dem Vorhaben des Wahlvorstands auch vor Durchführung der Veranstaltung praktisch nicht widersetzen und erhält daher auch nur eine Mitteilung über die Teilnahme. Die Werkstatt kann lediglich einwenden, sie halte die Teilnahme nicht für erforderlich oder die Formalien nicht für gewahrt und später die Entgeltfortzahlung und die Übernahme der Kosten verweigern. Diesen Streit muss der Wahlvorstand dann vor dem Arbeitsgericht ausfechten.

Der Wahlvorstand beschließt, den/die Kollegen/in --Name des/der Kollegen/in-- gem. § 14 WMVO zu der Schulungsveranstaltung --Titel der Veranstaltung-- am xx.xx.xxxx zu entsenden. Die Veranstaltung findet in --Ort der Veranstaltung-- statt, die Kosten werden xxx,xx Euro betragen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Wahlvorstand hat auf seiner Sitzung am xx.xx.xxxx beschlossen, das Mitglied im Wahlvorstand --Name des/der Kollegen/in-- gem. § 14 WMVO zu der Schulungsveranstaltung --Titel der Veranstaltung-- am xx.xx.xxxx zu entsenden. Die Veranstaltung findet in --Ort der Veranstaltung-- statt, die Kosten werden xxx,xx Euro betragen.

Mit freundlichen Grüßen

ANSPRECHPARTNERIN

Christine Rosenthal
Juristin (Rechtsassessorin)
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