Mann mit Helm

BETRIEBSRÄTEMODERNISIERUNGSGESETZ BESCHLOSSEN

Nach dem Bundestag hat nun auch der Bundesrat dem geänderten Entwurf des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes mehrheitlich zugestimmt. Bei aller Kritik im einzelnen ist es erfreulich, dass insbesondere die darin enthaltenen Regelungen zur Ausweitung des vereinfachten Wahlverfahrens für Betriebsräte, die Einschränkung der Möglichkeit der Wahlanfechtung durch Arbeitgeber und die Verbesserung des besonderen Kündigungsschutzes für Wahlakteure noch vor der kommenden Betriebsratswahl 2022 Wirkung entfalten können.

Schließlich existiert nur noch in gut 9% aller betriebsratsfähigen Betriebe in Deutschland ein Betriebsrat und erklärtes Ziel des ursprünglichen Entwurfs war es, die Wahl von Betriebsratsgremien zu erleichtern. Nicht alle Kritikpunkte der Gewerkschaften am ersten Entwurf des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes wurden ausgeräumt. So wurde die Forderung nach einem nachwirkenden Kündigungsschutzes für Einladende/Antragsteller und sogenannte Vorfeld-Initiatoren einer Betriebsratswahl nicht erfüllt. Dennoch gibt es auch von gewerkschaftlicher Seite Lob am "Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt", wie es sich im Untertitel nennt.

Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz führt zu Änderungen in folgenden Gesetzen bzw. Verordnungen:

  • dem Betriebsverfassungsgesetz,
  • dem Kündigungsschutzgesetz,
  • dem Sprecherausschußgesetz
  • sowie der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung.

Das Wichtigste im Überblick, beginnend mit den Änderungen, die für die kommenden Betriebsratwahlen von Bedeutung sind:

  • Der besondere Kündigungsschutz im Kündigungsschutzgesetz für die Initiatoren einer Betriebsrats-Wahl wird erweitert: Statt wie bisher drei werden es zukünftig sechs Beschäftigte sein, die zu Wahlversammlungen einladen und in den Genuss des besonderen Kündigungsschutzes kommen.
  • Zur Vereinfachung der BR-Wahlen wird das vereinfachte Wahlverfahren nach § 14a BetrVG künftig für Betriebe mit 5 bis 100 Beschäftigten verpflichtend. In Betrieben mit 101 bis 200 Beschäftigten können Arbeitgeber und Wahlvorstand die Durchführung des vereinfachten Wahlverfahrens nun vereinbaren.
  • Einschränkung der Wahlanfechtung: Wahlanfechtungen die sich auf eine unrichtige Wählerliste beziehen, sind nur noch zulässig, wenn zuvor Einspruch eingelegt wurde. Dem Arbeitgeber ist eine Anfechtung untersagt, wenn die Unrichtigkeit der Liste auf dessen Angaben beruht.
  • Das Mindestalter für die Wahlberechtigung wird bei der Betriebsratswahl von 18 auf 16 Jahre abgesenkt.
  • Wahl zur JAV: Die Höchstaltersgrenze für das aktive und passive Wahlrecht wird gestrichen, entscheidend ist allein der Status als Auszubildender.
  • Betriebsrats-Sitzungen per Video- und Telefonkonferenz finden durch Ergänzungen der §§ 30 bis 34 BetrVG Aufnahme in das BetrVG. Betriebsrats-Sitzungen per Video- oder Telefonkonferenz werden möglich sein, sofern nicht mindestens ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats widerspricht und sofern diese Möglichkeit in der Geschäftsordnung des Betriebsrat verankert ist. Sitzungen in Präsenz haben weiter Vorrang.
  • Für Betriebsvereinbarungen, Interessenausgleiche und Sozialpläne sowie für den Spruch der Einigungsstelle ist in Zukunft eine qualifizierte elektronische Signatur zulässig.
  • Die Hinzuziehung von Sachverständigen für Informations- und Kommunikationstechnik wird für den Betriebsrat als erforderlich gelten.
  • Die Rechte des Betriebsrats bei der Festlegung von Auswahlrichtlinien zur Personalauswahl sollen auch Anwendung finden, wenn diese Richtlinien ausschließlich oder mit Unterstützung einer Künstliche Intelligenz erstellt werden (§ 95 BetrVG).
  • Das Initiativrechts des Betriebsrats bei der Berufsbildung qwird erweitert: Bei Uneinigkeit über Maßnahmen der Berufsbildung kann die Einigungsstelle zur Vermittlung eingeschaltet werden.
  • Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Betriebsrat wird mit dem § 79a BetrVG Klarheit geschaffen. Auch wenn der Betriebsrat Daten verarbeitet, ist der Arbeitgeber datenschutzrechtlich der für die Verarbeitung Verantwortliche.
  • Zu Förderung mobiler Arbeit und zum Schutz der Arbeitnehmer*innen bei Wahrnehmung von Homeoffice wird in § 87 Absatz 1 Nr. 14 BetrVG ein neues Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit eingeführt. Ob mobile Arbeit, etwa in Form von Homeoffice eingeführt wird, entscheidet allerdings allein der AG. Ein Recht auf Homeoffice gibt es nicht.
  • Der Unfallversicherungsschutz für Homeoffice-Tätigkeiten wird ausgedehnt.

Hier der von Bundestag und Bundesrat verabschiedete Gesetzesentwurf.

Hier unsere Seite zur Betriebsratswahl 2022 mit nützlichen Informationen für Wahlvorstände und solche, die es werden wollen.
 

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